Die Europäische Union fördert Projekte in Millionenhöhe an der Universität
und am Universitätsklinikum Bonn
Gleich zwei Wissenschaftler der Universität Bonn und des
Universitätsklinikums Bonn (UKB) erhalten begehrte Consolidator Grants des
Europäischen Forschungsrats (ERC). Mit den Grants werden herausragende
Forschungsprojekte in Millionenhöhe gefördert. Prof. Dr. Philipp Vollmuth
entwickelt ein KI-Basismodell (Foundation Model), das neue Maßstäbe für die
Anwendung künstlicher Intelligenz in der Radiologie setzen soll.
Privatdozent Dr. med. Michael Sommerauer ist vor kurzem von der Universität
zu Köln nach Bonn gewechselt und erforscht die Parkinson-Früherkennung.
„Die Einwerbung dieser renommierten Förderungen ist ein toller Erfolg für
die Medizinische Fakultät und das Universitätsklinikum Bonn“, sagt Prof. Dr.
Bernd Weber, Dekan der Medizinischen Fakultät und kommissarischer
Vorstandsvorsitzender des UKB. Dies sei auch insofern besonders, dass beide
Kollegen sowohl wissenschaftlich als auch klinisch tätig sind und zeigen,
dass dies in Kombination möglich ist. „Genau dies ist unser Ziel bei der
Förderung unserer Advanced Clinician Scientists, worüber wir Herrn
Sommerauer im BMBF-geförderten ACCENT Programm gewinnen konnten“, so Weber
weiter. „Beide Projekte fallen zudem inhaltlich exzellent in unsere
Forschungsschwerpunkte. Ich gratuliere beiden sehr herzlich.“
Foundation Models als Schlüsseltechnologie
Die radiologische Bildgebung hilft, Krankheiten zu diagnostizieren und ihren
Verlauf zu überwachen. Die Zahl solcher Untersuchungen steigt, während der
Zeitdruck in der klinischen Versorgung wächst. Prof. Dr. Philipp Vollmuth,
Sektionsleiter für Computational Radiology & Clinical AI (CCIBonn.ai) an der
Klinik für Neuroradiologie und Co-Direktor am Zentrum für Medizinische
Datennutzbarkeit und Translation (ZMDT), will dieser Herausforderung mit
künstlicher Intelligenz (KI) begegnen. Für sein Projekt „AI-Next“ erhält er
einen ERC Consolidator Grant in Höhe von 2,5 Millionen Euro für die nächsten
fünf Jahre.
„Mit AI-Next gehen wir einen wegweisenden neuen Schritt“, sagt Vollmuth.
„Wir entwickeln ein KI-Basismodell (Foundation Model), das neue Maßstäbe für
die Anwendung künstlicher Intelligenz in der Radiologie setzen soll und sich
wie ein erfahrener Arzt ein grundlegendes `Verständnis´ aus einer großen
Menge an Bilddaten aneignet.“ Das Modell soll dabei aus einer breiten und
vielfältigen Datenbasis von mehreren Millionen radiologischen Bildern
selbstständig lernen, Strukturen und Muster in den Bildern zu erkennen.
„Zunächst konzentrieren wir uns auf die Bildgebung des Gehirns, da diese ein
hochkomplexes und datenintensives Feld ist“, sagt der Wissenschaftler. Die
Methodik, die Sprachmodellen wie ChatGPT ähnelt, lasse sich jedoch auf alle
Bereiche der Radiologie übertragen.
Prof. Vollmuth, der Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich „Life &
Health“ an der Universität Bonn ist, will das Potenzial dieser Modelle
systematisch untersuchen: von der Verbesserung der Bildqualität über die
automatisierte Erkennung und Quantifizierung kritischer Befunde – etwa bei
Hirnblutung oder Schlaganfall – bis hin zur präziseren Diagnostik bei
chronischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose oder Alzheimer. Die KI soll
auch helfen, die Krankheitsverläufe von Krebspatienten besser vorherzusagen
und radiologische Befunde zu automatisieren. In AI-Next baut der
Wissenschaftler auf seiner Beteiligung an Forschungsinitiativen zu
Foundation Models wie dem Human Radiome Project (THRP) auf und arbeitet eng
mit einer Vielzahl von nationalen und internationalen Partnern zusammen,
darunter dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und
dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ).
Dr. Philipp Vollmuth hat seit April eine Else Kröner CS-Professur für
Künstliche Intelligenz in der Medizinischer Bildgebung am UKB inne. Zuvor
arbeitete er am Universitätsklinikum Heidelberg, wo er sich auch
habilitierte. Er war Gastprofessor an der University of California San
Francisco und an der University of Ulsan College of Medicine in Seoul. Er
wurde mit zahlreichen Förderpreisen ausgezeichnet und absolvierte einen MBA
an der IE Business School in Madrid.
Frühe Diagnose von Parkinson
Die Parkinson-Krankheit wird meist erst dann erkannt, wenn bereits deutliche
motorische Störungen auftreten und viele Nervenzellen untergegangen sind.
“Dann ist es zu spät, um wirksame Therapien zu identifizieren, die den
Krankheitsverlauf verlangsamen oder stoppen könnten”, sagt Privatdozent Dr.
med. Michael Sommerauer. “Deshalb ist es so wichtig, die Krankheit früher zu
erkennen – noch bevor Symptome auftreten, die die Alltagsfunktionen stören.”
Das Projekt „Re-Start PD“ soll helfen, Parkinson frühzeitig zu erkennen, den
frühen Verlauf besser zu verstehen und damit neue Therapien zu entwickeln.
Der ERC fördert das Vorhaben in den nächsten fünf Jahren mit fast 2,5
Millionen Euro.
Der Wissenschaftler ist über ein Advanced Clinician Scientist Stipendium der
Medizinischen Fakultät der Universität nach Bonn gekommen. In der Klinik für
Parkinson, Schlaf- und Bewegungsstörungen am Zentrum für Neurologie des UKB
ist er für das Schlaflabor zuständig und untersucht dort als Schwerpunkt
Schlafstörungen als Warnsymptom für Parkinson. “Bei bestimmten Personen ist
die REM-Schlaf-Verhaltensstörung eine Vorstufe von Parkinson”, sagt
Sommerauer. Er bietet hierfür auch eine eigene Sprechstunde für Betroffene
an und konnte mit weiteren Ärztinnen und Ärzten aus Holland und Österreich
über eine Million EU-Gelder einwerben, um Parkinson durch mehr Bewegung
vorzubeugen. “Der ERC reiht sich damit also sehr gut in meine bisherige
Tätigkeit ein”, sagt der Forscher. Ziel ist ein Früherkennungssystem für
Parkinson mit einer Tablet-App für große Bevölkerungsgruppen. Hierfür
kooperiert er eng mit weiteren Forschenden aus Bonn, München, Marburg, Oxford und Boston.
Michael Sommerauer arbeitete in den vergangenen sechs Jahren an der
Uniklinik Köln im Fachbereich Neurologie und habilitierte sich über
“Schlaf-Wach-Störungen bei Morbus Parkinson”. Dort bewarb er sich um den ERC
Consolidator Grant, den er nun in Bonn bekommt. Zuvor war der Mediziner am
Aarhus University Hospital und am UniversitätsSpital Zürich. Sein
Medizinstudium absolvierte er an der RWTH Aachen.
ERC Consolidator Grants
Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) fördert mit
seinem Consolidator Grant jährlich exzellente etablierte Forschende, die
eine hohe wissenschaftliche Qualität auf internationalem Niveau vorweisen.
Ziel des Grants ist es, bestehende unabhängige Forschungsteams zu festigen
und deren wissenschaftliche Arbeit zu konsolidieren. Weitere Informationen
gibt es unter
https://erc.europa.eu/apply-grant/consolidator-grant