Kooperationsprojekt der JGU mit Max-Planck-Institut für Polymerforschung und Leibniz-Institut für Resilienzforschung erhält sechs Millionen Euro
Die Carl-Zeiss-Stiftung fördert ein Forschungsprojekt zur Regeneration des Nervensystems an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) mit sechs Millionen Euro. In dem Projekt "Interactive Biomaterials for Neural Regeneration" (InteReg) wird ein Forschungsteam aus der Neurobiologie, Neuroimmunologie, Chemie und Polymerforschung daran arbeiten, präzisionsgefertigte, synthetische Biomaterialien herzustellen, um neurologische Erkrankungen zu behandeln. "Wir werden interaktive Biomaterialien entwickeln, die die Zellen des zentralen Nervensystems anweisen, die Regeneration nach einer traumatischen Verletzung am Gehirn oder Rückenmark oder bei Multipler Sklerose zu unterstützen", erklärt Prof. Dr. Claire Jacob, Sprecherin des Projekts vom Fachbereich Biologie der JGU. Als Kooperationspartner sind das Max-Planck-Institut für Polymerforschung (MPI-P) und das Leibniz-Institut für Resilienzforschung (LIR), beide ebenfalls in Mainz, beteiligt. Die Förderung erstreckt sich über fünf Jahre, die Arbeiten werden Anfang 2025 aufgenommen.
Neurologische Erkrankungen als Ursache für Behinderung und Sterblichkeit
Neurologische Erkrankungen sind die Hauptursache für eine Behinderung und die am schnellsten wachsende Ursache für die Sterblichkeit bei nicht übertragbaren Krankheiten. Unter jungen Erwachsenen ist Multiple Sklerose (MS) die häufigste degenerative Erkrankung des Zentralnervensystems. Dabei werden die Zellen, die Myelin produzieren, von Immunzellen angegriffen. Dadurch entstehen Verletzungen, die schließlich zur Degeneration von Axonen und zum dauerhaften Verlust der Funktionen des Zentralnervensystems führen. Weltweit sind davon knapp drei Millionen Menschen betroffen.
Bei Verletzungen des Rückenmarks oder des Gehirns, etwa durch einen Auto- oder Sportunfall, werden sowohl Axone als auch das Myelin beschädigt. Eine spontane Regeneration nach einer traumatischen Verletzung ist sehr ineffizient und oft sind schwere und dauerhafte Behinderungen die Folge. Derzeit leben weltweit 64 Millionen Menschen mit einer Gehirn- oder Rückenmarksverletzung.
Biologie, Chemie, Medizin und Polymerforschung kombinieren Expertise für Therapielösungen
Bislang gibt es jedoch kaum Strategien, um eine Reparatur des Nervensystems zu fördern, und ebenso gibt es keine Medikamente für eine wirksame regenerative Behandlung. Hier setzt das Projekt InteReg ein. Sein Alleinstellungsmerkmal ist die Präzisionsentwicklung interaktiver Biomaterialien mit programmierbaren Funktionen. "Programmierbar bedeutet, dass diese Materialien leicht angepasst werden können, um die richtigen Signale zum richtigen Zeitpunkt mit hoher Spezifität zu liefern", erklärt Prof. Dr. Claire Jacob. Dazu werden zum ersten Mal zwei individuelle Forschungsschwerpunkte in Mainz zusammengeführt: einerseits die starke Expertise bei weichen Biomaterialien und andererseits im Bereich Neuroregeneration das umfassende Fachwissen auf dem Gebiet der Hirn- und Rückenmarksverletzungen und der Multiplen Sklerose. "Indem wir eine Brücke zwischen diesen Kompetenzbereichen bilden und die Domänen aus der Biologie, Chemie, Medizin und Polymerforschung verbinden, können wir einzigartige Impulse für Therapielösungen setzen", so die Neurobiologin.
Konkrete Projekte sind unter anderem die Herstellung von programmierbarer extrazellulärer Matrix zur Reparatur von Rückenmarksverletzungen und die Entwicklung von Nanocarriern, die spezifisch auf Vorläuferzellen der Oligodendrozyten abzielen.
Von den Grundlagen bis zu klinischen Studien
Die Arbeiten der Gruppe werden im Januar 2025 beginnen und sollen innerhalb von fünf Jahren möglichst zu ersten therapeutischen Lösungen führen. "Wir haben großes Potenzial, um den Weg von der Grundlagenforschung bis zur Umsetzung im Rahmen von klinischen Studien zu gehen", so Jacob. Mitglieder des Forschungsteams verfügen über 55 Patente und zwei Start-ups, das Interdisziplinäre Zentrum Klinische Studien (IZKS) der Universitätsmedizin Mainz könnte das Projekt unterstützen.
Unterstützung für drei Juniorgruppen
InteReg-Sprecherin Claire Jacob forscht seit 20 Jahren über die Verletzung und Regeneration von Axonen und Myelin, seit 2018 als Leiterin der Gruppe Zelluläre Neurobiologie an der JGU. Sie ist eine der Wissenschaftlerinnen des Forschungsverbunds CoM2Life, kurz für "Communicating Biomaterials: Convergence Center for Life-Like Soft Materials and Biological Systems", mit dem sich die JGU in der Exzellenzstrategie um Förderung als Exzellenzcluster bewirbt. Leitender Wissenschaftler dieses Verbunds ist auch der Co-Sprecher von InteReg Prof. Dr. Andreas Walther vom Department Chemie der JGU. Weiterer Co-Sprecher ist Prof. Dr. Ari Waisman, Direktor des Instituts für Molekulare Medizin an der Universitätsmedizin Mainz. Die renommierten, leitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Teams werden zum Start des Projekts auch drei Juniorgruppen einrichten und so einen Beitrag zur Förderung junger Forschender leisten.
Carl-Zeiss-Stiftung fördert Spitzenforschung im Programm "CZS Durchbrüche"
Im Rahmen des Themenschwerpunkts "Life Science Technologies" fördert die Carl-Zeiss-Stiftung Forschung an der Schnittstelle von Ingenieur- und Lebenswissenschaften. Ziel ist damit insbesondere zu einer Verbesserung der personalisierten Gesundheitsversorgung beizutragen. In der Ausschreibung "Synthetik" stand interdisziplinäre Forschung zum Design bio-basierter Systeme im Fokus. Die Auswahl der Förderprojekte erfolgte im Wettbewerb und anhand von Exzellenzkriterien in einem zweistufigen Begutachtungsverfahren.
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