Vorbereitung auf Pandemien wird vorangetrieben: EU-Forschungsverbund erhält 7,5 Millionen Euro für neue Medikamente gegen Viren
Pandemien bedrohen sowohl die Gesundheit der Menschen als auch die globale Wirtschaft. Impfstoffe sind ein essenzieller Bestandteil der Pandemiebekämpfung, stehen jedoch erst Monate nach dem Ausbruch einer Pandemie zur Verfügung. Medikamente mit breiter Wirkung könnten hingegen frühzeitig die Verbreitung eines Erregers einschränken und zahlreiche Leben retten. Während es Breitbandmedikamente zur Behandlung bakterieller Infektionen gibt, fehlen vergleichbare Mittel gegen Viren. Der Forschungsverbund „Vigilant“ hat sich zum Ziel gesetzt, diese gefährliche Lücke zu schließen. Der Verbund wird vom Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung koordiniert und von der EU mit rund 7,5 Millionen Euro für vier Jahre gefördert.
Virus-Pandemien wie COVID-19 stellen eine ernste Gefahr für die globale Gesundheit dar. Die Entwicklung und Zulassung von Impfstoffen und antiviralen Medikamenten kann viele Monate in Anspruch nehmen. Darüber hinaus wirken antivirale Medikamente häufig nur gegen ein enges Spektrum von Viren. Um zukünftige Virus-Pandemien besser bekämpfen zu können, ist es entscheidend, Medikamente zur Verfügung zu haben, die eine breite antivirale Wirkung besitzen und daher sofort – also ohne vorherige Kenntnis des Erregers – eingesetzt werden können. Solche Medikamente könnten bei einem Einsatz als Prophylaxe die Ausbreitung eines Erregers eindämmen und möglicherweise verhindern, dass sich ein lokaler Ausbruch zu einer globalen Pandemie entwickelt. Gleichzeitig könnten sie als Therapie infizierten Patienten helfen, schwere Krankheitsverläufe zu vermeiden, und so die Überlastung der Gesundheitssysteme verringern.
Das Ziel des Forschungsverbundes „Vigilant“, der von der EU im Rahmen des Horizon Europe Programms gefördert wird, ist die Entwicklung von Wirkstoffen mit breiter antiviraler Aktivität. „Vigilant“ vereint die Expertise von Forschenden aus den Bereichen Biochemie, Medizinische Chemie, Molekular- und Zellbiologie sowie Virologie. Das Deutsche Primatenzentrum koordiniert den Verbund und erhält 1,6 Millionen Euro Förderung von der EU.
Im Fokus der Forschungen stehen virale Hüllproteine. Diese Proteine dienen den Viren als „Schlüssel“ für den Eintritt in Wirtszellen. Wenn es gelingt, den Transport und die Aktivierung dieser viralen Hüllproteine in infizierten Zellen zu blockieren, würde die Vermehrung der Viren im Körper gestoppt werden. Da verschiedene Viren dieselben zellulären Faktoren für den Transport und die Aktivierung ihrer Hüllproteine nutzen, könnten die entwickelten Hemmstoffe eine breite antivirale Wirkung entfalten. Dies soll in Zellkulturen sowie in Tierversuchen mit Mäusen, Frettchen und Affen untersucht werden.
„Vigilant verfolgt zwei innovative Ansätze zur antiviralen Therapie: die Hemmung des Transports viraler Hüllproteine in das endoplasmatische Retikulum infizierter Zellen und die Blockade der Hüllprotein-Aktivierung durch zelluläre Proteasen“, erklärt Stefan Pöhlmann, Koordinator des „Vigilant“-Verbundes und Leiter der Abteilung Infektionsbiologie am Deutschen Primatenzentrum. „Vigilant wird neue Wirkstoffe hervorbringen, die unsere Vorbereitung auf zukünftige Pandemien wesentlich verbessern werden“, so Pöhlmann.