Qualitätssicherung in der Zelle: Wie fehlerhafte Baupläne für Proteine verhindert werden
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Qualitätssicherung in der Zelle: Wie fehlerhafte Baupläne für Proteine verhindert werden


Heidelberger Biochemiker und Strukturbiologen aus Shanghai entschlüsseln die Arbeit von zwei Kontrollfaktoren beim Spleißen von mRNA

Zwei molekulare Kontrollfaktoren spielen eine entscheidende Rolle beim sogenannten Spleißen, dem Schneiden und Zusammenfügen von reifer Boten-RNA – eine Grundvoraussetzung für die Synthese von Proteinen in der Zelle. Die bislang kaum erforschten Faktoren tragen maßgeblich dazu bei, dass die für das Spleißen verantwortliche molekulare Maschine korrekt arbeitet. Wie die beiden zellulären Qualitätsprüfer ihre Arbeit verrichten, hat ein Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Ed Hurt am Biochemie-Zentrum der Universität Heidelberg entschlüsselt. Sie kooperierten dabei mit Wissenschaftlern der Fudan-Universität in Shanghai (China).

Als Grundbausteine von Zellen übernehmen Proteine lebenswichtige Funktionen im Organismus. Die Anleitungen für ihre Herstellung sind in der DNA niedergeschrieben. Damit ein exakter Bauplan für jedes Protein zur Produktionsstätte in der Zelle gelangen kann, muss die Information aus dem Erbgut in eine Boten-RNA – kurz mRNA – abgeschrieben werden. Dabei entstehen zunächst Vorläufer. Diese prä-mRNA enthält neben Abschnitten mit kodierenden Informationen für das Protein (Exons) auch nicht-kodierende Segmente (Introns). Diese Introns müssen noch im Zellkern aus der prä-mRNA herausgeschnitten und die Exons an den Schnittstellen wieder verbunden werden. Dieser Vorgang wird als Spleißen bezeichnet. Die gespleißte Boten-RNA besteht schließlich nur noch aus Protein-kodierenden Exons.

Das Spleißen wird durch eine große molekulare Maschine katalysiert. Dieses Spleißosom besteht aus einer Vielzahl von Protein- und RNA-Komponenten und wird bei jedem Spleißvorgang immer wieder neu an den Stellen aufgebaut, an denen ein Exon in ein Intron und dieses wieder in ein Exon übergeht. Dabei ist von fundamentaler Bedeutung, dass der Spleißkomplex die Exon-Intron-Exon-Schnittstellen sicher erkennt, so dass die erforderlichen Schnitte genau erfolgen können. „Die präzise Arbeitsweise dieser molekularen Maschine ist in der Vergangenheit bereits sehr gut erforscht worden. Unklar blieb jedoch, ob das Spleißosom eine Vorgänger-mRNA mit einer nicht-authentischen Spleißstelle erkennen und wieder aussortieren kann“, so Prof. Hurt.

In Untersuchungen mit Spleißosomen des Fadenpilzes Chaetomium thermophilum konnten die Forscherinnen und Forscher zeigen, dass zwei Proteine mit der Bezeichnung GPATCH1 und DHX35 entscheidend zur Genauigkeit des Spleißvorgangs beitragen. Dies gelang, nachdem sie Spleißkomplexe des Pilzes isolieren konnten, die sich mitten in der Qualitätskontrolle befanden und mit dem Aussortieren einer fehlerhaften prä-mRNA beschäftigt waren. „Wenn es vor dem ersten Schnitt zu Problemen kommt, eilen die beiden Proteine dem Spleißosom als Qualitätsprüfer zu Hilfe“, erklärt Postdoktorandin Dr. Paulina Fischer. Ist die prä-mRNA fehlerhaft, erkennt GPATCH1, dass das Spleißosom nicht weiterarbeiten darf. Als zweiter Faktor löst DHX35 die ungeeignete Vorläufer-mRNA ab und eliminiert sie. Im Anschluss daran wird das Spleißosom selbst wieder in seine Einzelteile zerlegt, um für einen neuen Spleißvorgang zur Verfügung zu stehen.

„Die beiden molekularen Kontrollfaktoren verhindern als zelluläre Qualitätsprüfer, dass mit einer falsch gespleißten mRNA möglicherweise ein defektes Protein hergestellt wird“, so die Wissenschaftlerin. Von ihren Erkenntnissen erhoffen sich die Forscherinnen und Forscher ein besseres Verständnis der Mechanismen, die die Genauigkeit des Spleißvorgangs sicherstellen. „Sie sind auch von klinischer Relevanz, da fehlerhaftes Spleißen in Verbindung mit verschiedenen Erkrankungen gebracht wird, darunter Krebs sowie genetische und neurodegenerative Erkrankungen“, so Ed Hurt. Die Heidelberger Biochemiker arbeiteten bei den aktuellen Untersuchungen neben den Strukturbiologen aus Shanghai auch mit einer Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften in Göttingen zusammen.

Die Forschungsarbeiten wurden im Zuge des ERC Advanced Grant von Prof. Hurt durchgeführt. Weitere Fördermittel kamen aus dem National Key R&D Program der Volksrepublik China und von der chinesischen Nationalen Stiftung für Naturwissenschaften sowie der Shanghai Municipal Science and Technology Commission. Die Forschungsergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Cell Research“ veröffentlicht.
Y. Li, P. Fischer, M. Wang, Q. Zhou, A. Song, R. Yuan, W. Meng, F. X. Chen, R. Lührmann, B. Lau, E. Hurt, J. Cheng: Structural insights into spliceosome fidelity: DHX35-GPATCH1-mediated rejection of aberrant splicing substrates. Cell Research (published online 28 February 2025), https://doi.org/10.1038/s41422-025-01084-w
Fichiers joints
  • Mithilfe von zwei molekularen Kontrollfaktoren sortiert das Spleißosom prä-mRNA aus, die falsch gespleißt werden könnte. Während GPATCH1 die fehlerhafte prä-mRNA erkennt, löst DHX35 sie vom Spleißosom, das anschließend zerlegt wird und für einen neuen Spleißvorgang zur Verfügung steht. Illustration: © Paulina Fischer (dieses Bild darf nur in Zusammenhang mit dem Inhalt dieser Pressemitteilung verwendet werden, ebenfalls ist eine Nennung des Bildnachweises erforderlich).
Regions: Europe, Germany, Asia, China
Keywords: Science, Life Sciences

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